© Ohm HS
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Spanien im Aufwind

Spanien ist ein Land voller solarer Energie. Neben der Nutzung solarer Strahlungsenergie über die Photovoltaik oder die Solarthermie haben auch die Wasserkraft und die Nutzung der Biomasse einen festen Platz im spanischen Energiemix.

Eine herausragende Stellung nimmt in Spanien mittlerweile die Windkraft ein, die mittlerweile zur wichtigsten Energiequelle des Landes geworden ist: CO2 neutral, heimisch, erneuerbar. Und das Potential ist noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft.

Spanien – ein Sonnenland

Wer denkt nicht gerne an die herrliche spanische Küstenlandschaft, die großen Monumente spanischer Baukunst oder die zentrale spanische Bergwelt, die in den südlichen Regionen Andalusiens und der Extremadura sanft ins Meer abfällt. Neben kulturellen, bautechnischen und kulinarischen Höhepunkten sollte dabei freilich nicht das unfassbare Energiepotential übersehen werden, das dieses sonnen- und windreiche Land besitzt. Neben dem riesigen Potential im Bereich der Photovoltaik und der Solarthermie ist insb auch die Windkraft ein mittlerweile entscheidender (solarer) Faktor in der spanischen Energie­erzeugung geworden. Rund 15 Prozent des spanischen Strombedarfs deckt die Windkraft bereits seit geraumer Zeit ab.

Windkraft als wichtigste Energiequelle

Ausgehend von jüngsten Medienberichten werden diese ohnedies bereits beachtlichen Ergebnisse mittlerweile in beeindruckender Weise übertroffen: Die Windkraft ist im Jahr 2013 in Spanien erstmals zur wichtigsten Energie­quelle des Landes geworden. Wie der spanische Verband der Windenergieunternehmen (Asociación Empresarial Eólica, ‘AEE’) Mitte Mai in Madrid mitteilte, deckte die Branche im Jahr 2012 20,9 Prozent des Bedarfs an Elektrizität ab - und damit etwas mehr als die spanische Atomkraft mit 20,8 Prozent. Spanien kann damit als das erste Land der Welt gelten, in dem die Windenergie den größten Anteil des Strombedarfs abdeckt! Das hat natürlich auch sehr positive wirtschaft­liche Effekte, die in diesem Land derzeit ganz besonders benötigt werden: Einer vom AEE zitierten Studie zufolge trägt die spanische Windkraftbranche EUR 3,8 Milliarden zum Bruttoinlandsprodukt bei und hat damit etwa bereits den nationalen wirtschaftlichen Beitrag des Weinanbaus oder der Fischerei übertroffen.

Das Energiepotential der Windkraft ist riesig

Der Wind schickt keine Rechnung. Nicht in Spanien und auch sonst nirgendwo auf der Welt. Die energetische Nutzung erfolgt CO2-neutral, die gesamte mit der Energiegewinnung- und Verteilung verbundene Wertschöpfung verbleibt im Inland und das zugrundeliegende Energiepotential ist erneuerbar und damit unerschöpflich. Dabei sind die Grenzen der Ausbaumöglichkeiten in Spanien noch nicht einmal ansatzweise erreicht: Bis Ende 2012 waren in Spanien Windparks mit einer Kapazität von 22.796 Megawatt am Netz. Damit ist Spanien der weltweit viertgrößte Windmarkt hinter den USA, China und Deutschland. Das tatsächliche Potential liegt aber um ein Vielfaches höher: Langfristig wäre die Installation von bis zu 330.000 Megawatt Windleistung möglich, wodurch Spanien allein durch die Nutzung der Windkraft mehr Strom produzieren könnte als dieses Land mit seinen über 45 Mio Einwohnern überhaupt benötigt.

Auch der Wind braucht einen rechtlichen Rahmen

Klar ist aber, dass auch diese Branche keine Wunder wirken kann, sondern einen stabilen und verlässlichen rechtlichen und förderungspolitischen Rahmen benötigt, um weiter zu wachsen. Der aktuelle nationale ‘Erneuerbare-Energien-Plan’ der spanischen Regierung setzt das Ziel, bis 2020 die Windkraft an Land auf 35.000 Megawatt und auf See auf 750 Megawatt auszubauen. Diese Ausbauziele muten in Anbetracht des vorhandenen Potentials ohnedies eher bescheiden an, aber auch zur Erreichung dieser Ziele muss die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Derzeit fehlt ein solcher regulatorischer Rahmen insbesondere für die Einspeisevergütung neuer Windkraftprojekte. Daher werden in erster Linie Projekte realisiert, die auf Grundlage des alten Tarifs eine Einspeisezusage erhalten haben. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass dadurch die die bisherige überaus positive Entwicklung einigermaßen gebremst wird. So sind 2012 nur etwa 1122 Megawatt ans Netz gegangen. Um das Ausbauziel zu erreichen, müssten bis 2020 jährlich allerdings mindestens 1.400 Megawatt errichtet werden, wovon sich Spanien derzeit leider eher entfernt.

Das Beispiel Spaniens zeigt dreierlei: Einerseits ist das Potential zur nachhaltigen und ressourcenschonenden Energiegewinnung durch die Nutzung der Windkraft immens und heute weder in Spanien noch in anderen Teilen der Welt auch nur ansatzweise ausgeschöpft. Es zeigt weiters, zu welchen Erfolgen die Windbranche fähig ist, wenn man durch eine kluge und verlässliche Politik die für eine positive wirtschaftliche Entwicklung unerläss­lichen Rahmenbedingungen schafft. Diese Erkenntnis betrifft naturgemäß auch alle anderen Formen solarer Energie und gilt daher gleichermaßen für die Kleinwasser­kraft, die Nutzung der Biomasse und ganz besonders auch für die Photovoltaik. Und es zeigt weiters in besonderer Deutlichkeit, welche negativen Konsequenzen es haben kann, die bestehenden Tariffördersysteme und Einspeise­programme kurzerhand (in Spanien teilweise sogar rückwirkend) zu kürzen oder gar aufzugeben und damit einen Wirtschaftszweig derart zu verunsichern, dass potentielle Investoren ausbleiben und wesentliche Wachstumsimpulse nicht gesetzt werden. Eine Abkehr von den in Europa heute verbreiteten Einspeisevergütungs­systemen, wäre daher ein herber Schlag für die gesamte solare Energiebranche und zweifellos ein falscher Schritt, der einzig das bisherige, fossile Energiesystem bevorzugen und der Erreichung der europäischen Klimaziele klar entgegen stehen würde.

Quellen:

Wallisch, ‘Der Sonnenstrom im Rechtssystem’, ÖZW 2011, 122;

Wallisch, ‘Die Förderung der Windenergie in Österreich und ihr Beitrag zum europäischen Klimaschutz", RdU 2012, 148;

Manuel Crespo Marcos, ‘Windenergie in Spanien’, ABO Wind,
www.abowind.com/de/windenergie/spanien.html
(Stand 17.1.2013)

Nils-Viktor Sorge, ‘Spanien blamiert Deutschland bei der Energiewende’, Manager Magazin on-line, 17.1.2014 (www.manager-magazin.de)

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Gert Wallisch
Sonnenwende - Der erneuerbare Strom im Rechtssystem,
Jan Sramek Verlag [2013]

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Dr Gert Wallisch ist Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien

web: www.ksw.at, www.sonnenwende.co.at

GastautorIn: Dr Gert Wallisch für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /